Schulessen

„Indem wir sie entscheiden lassen, respektieren wir ihre Autonomie“

Selbst bestimmen, was man essen möchte: Björn Steffen über die vielen Vorteile des Free-Flow-Ausgabesystems an Hamburger Schulen.

Herr Steffen, die Hamburger Schulbehörde hat 2021 mit Unterstützung des Ganztagsreferats Free-Flow an Hamburger Schulen eingeführt. Was steht hinter dem Konzept?

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Björn Steffen: In Schulmensen waren bis dato vor allem zwei verschiedene Ausgabesysteme geläufig: Entweder stehen die Kinder an, um das Essen auf ihrem Teller ausgegeben zu bekommen – oder sie füllen sich am Tisch aus großen Schüsseln selbst ihre Portion auf. Bei Free-Flow ist alles anders: Hier stellen die Kinder und Jugend­lichen sich ihr präferiertes Essen am Buffet selbst zusammen. Die Mittagspause wird dabei von päda­gogischem Personal begleitet. Die Idee dahinter kam damals vom Catering selbst, mit dem Wunsch, die Qualität zu erhöhen und letztlich auch, um Lebensmittel­reste zu redu­zieren. Noch mehr Vorteile gibt es, wenn man zusätzlich den Ganztag freier gestaltet: etwa indem man keine festen Essenszeiten vorgibt und die Kinder sich in der Mittagspause frei und nach Belieben in die Mensa begeben können. So lassen sich dann lange Wartezeiten in der Mittagspause vermeiden.

„Gerade in Schulen in herausfordernder Lage ist das Mittagessen besonders wichtig, denn für viele Kinder ist es die einzige warme Mahlzeit am Tag.“

Wie profitieren die Kinder und Jugendlichen davon?

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Steffen: Das Mittagessen an der Schule gewinnt für sie enorm an Qualität. Sie haben die Freiheit, sich ihr Menü genau nach ihrem Geschmack zusammenzustellen. Komponenten, die sie nicht mögen, landen so gar nicht erst auf dem Teller. Gleichzeitig sehen sie, dass sich Freundinnen und Freunde etwa am Salat bedienen, was sie vielleicht inspiriert, Neues und Ge­sundes auszu­probieren. Gerade in Schulen in herausfordernder Lage ist das Mittagessen besonders wichtig, denn für viele Kinder ist es die einzige warme Mahlzeit am Tag.

Diese positive Erfahrung stärkt die Selbstbestimmung der Kinder. Indem wir sie entscheiden lassen, respektieren wir ihre Autonomie. Die Kinder und Jugendlichen erfahren dadurch eine Form der Wertschätzung – ihnen wird etwas zugetraut. Und so kommt das Essensangebot sehr gut an. Manche nennen es Mallorca-Buffet, da es sie an Urlaube erinnert.

Die Hamburger Schulbehörde setzt also ganz auf Free-Flow. Wie unterstützen Sie Schulen dabei, auf diese beliebte Buffet-Essensausgabe umzustellen?

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Steffen: Für uns ist Free-Flow inzwischen tatsächlich bevorzugter Standard. Seit 2021 haben wir es in unseren Musterverträgen als präfe­riertes Ausgabesystem hinter­legt, somit wird es bei Neubauten immer mit­gedacht. Gleichzeitig kommen immer mehr Schulen von sich aus auf uns zu, um auf Free-Flow umzusteigen. Das kostet natürlich auch etwas, es müssen neue Geräte ange­schafft und die notwendigen Elektroarbeiten durch­geführt werden. Kostenfaktor: 20.000 bis 30.000 Euro.

Wir haben in Hamburg das Glück, dass dafür die ent­sprechenden Gelder bereitgestellt werden, weil es der Behörde und dem Senat wichtig ist, mit dem Umbau der Mensen zum Buffet­system die Qualität der Schulver­pflegung weiter zu erhöhen. Und damit die Kinder sich frei um die Buffettische bewegen können, werden nach Möglich­keit auch die Speiseräume umgestaltet. Die Schulen klären im Vorwege mit ihren Cateringdiensten, ob sie auf die Buffet­form umstellen können, und passen die laufenden Verträge an. Mittlerweile nutzen mehr als 100 Schulen in Hamburg das Free-Flow-System, also etwa ein Viertel aller Schulen. Darunter viele Grundschulen und weiterführende Schulen in herausfordernder Lage.

Videomaterial

In diesem Video berichten Schülerinnen und Schüler, wie sie das Mittagessen mit dem Free-Flow-Ausgabesystem erleben.
Foto: © Björn Steffen

Björn Steffen ist im Referat für Ganztag – Struktur und Prozessentwicklung der Hamburger Behörde für Schule, Familie und Berufsbildung tätig und dort für den Bereich Schulverpflegung und Mittagscatering zuständig. Zuvor arbeitete er als Schulleiter und Lehrer an verschiedenen Hamburger Schulen.

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