Unsicherheit

„Für viele zählt eher das Ich als das Wir“

Welches Verhalten ist angemessen? Welche Vorbilder haben die Schülerinnen und Schüler? Schulleiterin Birgit Schoel nimmt viele Unsicherheiten bei ihnen wahr.

„Meinem Kollegium und mir fällt zu­nehmend auf, dass viele unserer Schülerinnen und Schüler keinen inneren Kompass haben, der ihnen sagt, was richtig und was falsch ist. Dass sie nicht reflektieren, wie sich ihr Handeln auf die Gemeinschaft aus­wirkt. Wir versuchen, an­gemessenes Verhalten vorzuleben, und erarbeiten verbindliche Regeln, doch das reicht nicht aus. Das macht uns zu schaffen.

Ein Beispiel: Mehrere Schülerinnen und Schüler kommen morgens regel­mäßig zu spät zum Unterricht. Der pünkt­liche Bus sei immer so voll, deshalb nehme man eben den nächsten, hören wir dann. Verspätet zu er­scheinen sei ihr gutes Recht. Dass dies aber den Unterricht stört und Mitschülerinnen und Mit­schüler dadurch wertvolle Lernzeit verlieren, ist ihnen egal. Für viele zählt eher das Ich als das Wir. Darunter leidet die Klassengemein-­
schaft.

Der intensive Internetkonsum macht es nicht besser. Wir bekommen mit, dass unsere Schülerinnen und Schüler über Social Media Verhaltensweisen vor­gelebt bekommen, die so im echten Leben nicht funktionieren. Die ver­meint­lichen Vorbilder aus der Parallel­welt vermitteln un­realistische Bilder und Vorstellungen über das Leben in der Gemeinschaft. Das fängt bei der Kleidungs­wahl an und geht bis zum Umgang mit Konfliktsituationen. War das nun eine Beleidigung oder nicht? Wende ich mich damit an die Schul­sozial­arbeiterin, oder schlichte ich den Streit selbst? Nicht wenigen fehlt dafür das Gespür.

Dieses Problem gehen wir nun an, unter anderem mit dem Projekt ‚Die Klasse ist der Star‘. Dabei kommt der schul­psychologische Dienst in die Klassen, um in betreuten Gruppen­gesprächen gemeinsam mit den Kindern Konflikte aufzuarbeiten. Wir wollen aber auch das Gemeinschafts­gefühl stärken – etwa durch die Gründung einer Schüler­firma oder durch Angebote für die Mitarbeit in der Schüler­vertretung oder im Klassen­rat. Wir stellen fest: Durch diese Partizipations­möglichkeiten erleben sich die Kinder als Teil eines größeren Ganzen. Für viele ist das eine neue Erkenntnis.“

Foto: © Birgit Schoel

Birgit Schoel ist seit 17 Jahren Schulleiterin der Realschule Vogelsang in Solingen. Davor war sie zwölf Jahre als Lehrerin an einer Gesamtschule tätig.

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