Radikalisierungsprävention

„Das Spiel dient nicht der Unterhaltung, es folgt einem Bildungsauftrag”

Mit dem Mobile Game HIDDEN CODES der Bildungsstätte Anne Frank lernen Jugendliche, extremistische Inhalte in den sozialen Medien zu erkennen. Wie, erklärt Hami Nguyen.

Frau Nguyen, HIDDEN CODES – das klingt mysteriös. Was verbirgt sich dahinter?

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Hami Nguyen: HIDDEN CODES ist ein sogenanntes Serious Game – also ein mobiles Spiel, das primär nicht der Unterhaltung dient, sondern einem Bildungsauftrag folgt. In diesem Fall widmet sich das Spiel der Radikal­isierungs­prävention von Jugendlichen ab 14 Jahren. Sie lernen, wie man extremistische Inhalte in den sozialen Medien erkennt. Das Spiel ist in fünf Episoden aufgeteilt, die jeweils unter­schiedliche Themen behandeln. In den ersten beiden Folgen geht es um rechte Radikalisierung, in der dritten und vierten um Islamismus. Die fünfte Episode thematisiert Queerfeind­lichkeit. In einer simu­lierten Social-Media-Umgebung können die Spiele­rinnen und Spieler mit anderen Charakteren chatten, Profile durch­stöbern und auf Inhalte reagieren. Dabei haben sie die Aufgabe, einen Fall zu lösen, bei dem es um die Radika­lisierung eines fiktiven Charakters geht.

„HIDDEN CODES soll Jugend­lichen zeigen, wie leicht man in den sozialen Medien auf Desinformation und Ver­schwörung­s­­mythen stoßen kann."

Können Sie das näher erläutern? Welche Muster stecken hinter Radikalisierungs­bewegungen, und warum sind viele junge Menschen dafür anfällig?

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Nguyen: Jugendliche verbringen einen großen Teil ihrer Freizeit in den sozialen Medien. Extremistinnen und Extre­misten wie etwa die Identitäre Bewegung nutzen diese Online­plattformen bewusst, um junge Mitglieder zu rekrutieren. Oftmals sind es vermeintlich nahbare Creators, also Menschen, die Inhalte zu verschie­denen Themen glaubwürdig erstellen, die gezielt die Ideologien von Radikalen verbreiten. HIDDEN CODES soll Jugend­lichen zeigen, wie leicht man in den sozialen Medien auf Desinformation und Ver­schwörung­s­mythen stoßen kann. Im Laufe der fünf Episoden lernen sie Codes und Erzählmuster radikaler Bewegungen kennen, um diese später selbst identifizieren zu können. Darüber hinaus zeigt das Spiel den Jugend­lichen, wie sie reagieren können, wenn sich jemand in ihrem Umfeld politisch radikalisiert.

Lehrkräfte können das Mobile Game im Unterricht einsetzen. Wie?

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Nguyen: Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler können es eigenständig und kostenlos über den Apple-App-Store sowie den Google-Play-Store herunter­laden. Um es zu spielen, brauchen die Nutzerinnen und Nutzer lediglich mobile Endgeräte wie Smartphones oder Tablets sowie eine stabile WLAN-Verbindung. Lehrkräfte sollten unsere kostenlose Onlinefortbildung besuchen, bevor sie das Spiel im Unterricht anwenden. Dort erfahren sie, wie man das Spiel pädagogisch einsetzt, und erhalten Hintergrundwissen zum Thema Radikalisierung.

Eine Episode dauert etwa 45 Minuten. Wir empfehlen, für eine Episode eine Doppelstunde einzuplanen. So bleibt anschließend genug Zeit, um die Inhalte gemeinsam in der Klasse zu besprechen.

Lehrkräfte, die HIDDEN CODES bereits eingesetzt haben, geben uns durchweg positives Feedback. Seit 2022 haben wir insgesamt 5.875 Lehrkräfte und Multi­plikatorinnen und Multiplikatoren erreicht.

Über die Bildungsstätte Anne Frank

Die Bildungsstätte Anne Frank wurde 1997 gegründet und sensibilisiert seither zu den Themen Antisemitismus, Rassis­mus sowie anderen Formen von Menschenfeindlichkeit. Sie bietet ein breites Spektrum an Bildungs­angeboten an, so das Lernlabor „Anne Frank. Morgen mehr.“, und darüber hinaus eine profes­sionelle Begleitung und Unter­stützung im Umgang mit Rechtspopulismus, Radikali­sierung und Menschen­feind­lichkeit. Das digitale Lernspiel HIDDEN CODES ist im Rahmen eines Projekts der Bildungsstätte Anne Frank entstanden.
Foto: © Hami Nguyen
Hami Nguyen ist Projekt­leiterin bei der Bildungs­stätte Anne Frank für das Spiel HIDDEN CODES. Sie publizierte im Ullstein-Verlag das Buch „Das Ende der Unsichtbar­keit. Warum wir über anti-asiatischen Rassismus sprechen müssen“.

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