„Ich hab‘ keine Ahnung von Steuern oder Versicherungen. Aber ich kann ’ne Gedichtanalyse schreiben. In vier Sprachen“. So lautet ein viraler Tweet einer Schülerin, die damit die Lehrpläne an deutschen Schulen kritisierte. Was sagen Sie dazu?
Haben Sie mit Mitschülerinnen und Mitschülern über diesen Tweet gesprochen?
Schön: Über den konkreten Tweet vielleicht nicht direkt, aber das Thema kommt bei uns immer wieder auf. Zum Beispiel, wenn es um Minijobs geht, um den ersten eigenen Handyvertrag oder ein neues Konto, weil das Kinderkonto nicht mehr ausreicht. Als mein Kinderkonto bei der Sparkasse umgestellt werden musste auf andere Finanzprodukte, bin ich dort hin und wurde über einige Möglichkeiten informiert.

Kinderkonto – das richtet man ja nicht ohne seine Eltern ein. Bei Ihnen zu Hause wird über Finanzthemen gesprochen?
Schön: Eigentlich trifft die altbekannte Redewendung „Über Geld spricht man nicht“ ganz gut auf uns zu Hause zu. Aber über wichtige finanzielle Themen oder Fragen kann ich dann doch offen mit meinen Eltern reden. Und damit habe ich Glück: In vielen Haushalten spielt das Thema gar keine Rolle. Insbesondere diejenigen Kinder und Jugendlichen, die ohnehin schon benachteiligt sind durch die fehlende Bildung der Eltern oder Armut im eigenen Zuhause, haben dann überhaupt keine Ansprechpartner für Themen wie Finanzen. Aus diesem Grund können wir Finanzbildung unter keinen Umständen nur dem privaten Umfeld überlassen, sondern müssen sie in der Schule verpflichtend implementieren.
„Viele Lehrerinnen und Lehrer fühlen sich heute nicht kompetent, Finanzthemen zu unterrichten“, sagt Fabian Schön. Es brauche gut ausgebildete Lehrkräfte.
Die Schule soll also diese Wissenslücke auffangen?
Welche konkreten Inhalte fehlen denn aktuell im Schulunterricht?
Was genau fordert die Bundesschülerkonferenz, deren Generalsekretär Sie sind?
Schön: Durch den Bildungsföderalismus gibt es große Unterschiede zwischen den Bundesländern. Unsere zentrale Forderung ist deshalb, finanzielle Bildung flächendeckend zu thematisieren und verbindlich in Lehrpläne aufzunehmen. Sie gehören dringend modernisiert, denn viele Inhalte sind heute nicht mehr wirklich relevant für das Alltagsleben. Digitale Themen und Medienkompetenz allgemein, aber eben auch finanzielle Bildung, gehören viel stärker in den Fokus.
Das on top zu unterrichten könnte die Lehrkräfte überlasten, oder nicht?
Was sagt die Politik dazu?
Laut Fabian Schön sollten nicht nur die klassischen Fächer auf dem Lehrplan stehen, sondern auch jene, die der finanziellen Bildung dienlich sind.
„Schule sollte mehr sein als ein Ort, an dem wir uns auf Prüfungen vorbereiten."
Fabian Schön, Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz
Es geht nicht nur ums reine Wissen: Wer sich mit Steuer- oder anderen Finanzthemen auskennt, hat bessere Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe.
Wie schaffen Schulen es, dass Finanzbildung wirklich alle Schülerinnen und Schüler erreicht – unabhängig von Schulform, Herkunft und Sprachkenntnissen?
Sie machen bald Abi. Was wünschen Sie zukünftigen Schülerinnen und Schülern?
Schön: Schule sollte mehr sein als ein Ort, an dem wir uns auf Prüfungen vorbereiten. Daher wünsche ich mir, dass sie eine Schule besuchen können, die sie unabhängig von Herkunft, Schulform oder Elternhaus mit dem Handwerkszeug ausstattet, das sie im Leben wirklich brauchen. Dazu gehören eben auch Steuerthemen und die Altersvorsorge. Dann steht nicht die Gedichtinterpretation im Mittelpunkt, sondern das, was uns später wirklich weiterbringt.