Herr Bornhalm, wer durch Ihr Schulgebäude geht, merkt schnell: Demokratie wird hier großgeschrieben. Welches ist das neueste Beispiel?
Wie sind Sie dazu gekommen, die Demokratiebildung an Ihrer Schule zu fördern?
Bornhalm: Angefangen hat alles mit dem Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, in dem wir seit sieben Jahren aktiv sind. Denn Rassismus ist eine große Gefahr für unsere Demokratie und findet auch an Schulen statt. Wirklich Fahrt aufgenommen hat das Thema aber vor etwa zweieinhalb Jahren, als einige Jugendliche auch aus eigener Betroffenheit eine Gruppe gegen Rassismus gründeten. Sie bieten heute Peer-to-Peer-Sprechstunden an, was uns sehr dabei hilft, ohne große Bürokratie ins Gespräch zu kommen.

Wie ging es dann weiter?
Warum ist Ihnen dieses gemeinsame Demokratieverständnis so wichtig?
Letztes Jahr war Superwahljahr, und einige Schulen wurden dafür kritisiert, die AfD zu Podiumsdiskussionen eingeladen zu haben – eine Partei, die in Teilen als gesichert rechtsextrem und damit als demokratiefeindlich gilt. Wie stehen Sie dazu?
Die AfD hat mit fast elf Prozent der Stimmen auch in Kiel ordentlich zugelegt.
„Das Ergebnis unserer Schulwahl war ein guter Aufhänger für unser großes Anliegen, die Demokratiebildung.“
Christian Bornhalm, Schulleiter der Klaus-Groth-Gemeinschaftsschule mit Grundschule in Kiel
Wie sind Sie damit umgegangen?
Wie sichern Sie dieses gemeinsame Verständnis im Alltag ab?
Wie oft greifen Sie im Alltag auf diesen Kodex zurück?
Bornhalm: Bei rund 500 Schülerinnen und Schülern betrifft das vielleicht zehn bis 20 regelmäßig. Also keine große Zahl, aber wichtig genug, um zu zeigen: Wir leben diesen Kodex nicht nur auf dem Papier.
Nun haben die Kinder und Jugendlichen auch ein Leben neben der Schule. Wie wichtig ist es, die Eltern ins Boot zu holen?
Bornhalm: Das ist tatsächlich ein spannungsreiches Feld. Viele Erwachsene haben Erfahrungen mit autoritären oder unterdrückenden Regimen gemacht. Manche sind traumatisiert von Ausgrenzung oder Verfolgung und müssen erst einmal lernen, mit der Offenheit und Freiheit in unserer Gesellschaft umzugehen. Andere fordern schnell Rechte ein, wie etwa ein iPad für ihre Kinder, und zeigen gleichzeitig wenig Bereitschaft, sich selbst auf Regeln einzulassen. Unsere Aufgabe ist es, den Eltern zu zeigen, dass Mitgestaltung möglich ist und gleichzeitig die Übernahme von Verantwortung bedeutet.


Können die Eltern dann von ihren Kindern lernen?
Bornhalm: In jedem Fall. Seit etwa sieben Jahren gibt es bei uns zweimal im Schuljahr Schüler-Eltern-Lehrer-Gespräche, bei denen die Kinder die Eltern mit einer selbst gestalteten Einladungskarte auffordern, in die Schule zu kommen. Die Kinder suchen ihr Gesprächsthema selbstständig aus: Sie erzählen vielleicht von einer AG oder einem anderen Erfolgserlebnis. Vielen Eltern fällt es schwer, sich auf dieses Setting einzulassen, diese Wohlfühldusche. Aber sie hören zu, und es kommt sogar vor, dass sie vor Rührung und Freude weinen. Besonders dann, wenn ihre Kinder als schwierig gelten. Jede und jeder hat etwas, das sie oder er gut kann. Das zu erleben und vorzutragen hilft den Kindern dabei, sich als gleichwertiges Mitglied unserer Gesellschaft zu sehen, das eine Stimme hat.
Was raten Sie anderen Schulen, die sich verstärkt der Demokratiebildung widmen möchten?

Christian Bornhalm ist Schulleiter der Klaus-Groth-Gemeinschaftsschule mit Grundschule in Kiel. Die Demokratieförderung ist ihm ein besonderes Anliegen.