„Den klassischen Unterricht, der nur auf einem Lehrwerk aufbaut, gibt es an unserer Gemeinschaftsschule schon lange nicht mehr. Dafür sind unsere Klassen viel zu heterogen. Wir müssen Aufgaben stark differenzieren, nahezu individualisieren, damit sie zu unseren Schülerinnen und Schülern passen. Für einige Hauptfächer gibt es inzwischen Materialien mit Aufgaben in verschiedenen Schwierigkeitsniveaus. Aber vor allem für Nebenfächer sind immer noch Lehrwerke auf dem Markt, mit denen nur etwa fünf von 25 unserer Schülerinnen und Schüler arbeiten können. Oft passen die Aufgaben auch inhaltlich nicht. Im Übungsheft für den mittleren Schulabschluss in Deutsch geht es zum Beispiel um die Walz der Zimmerleute. Das ist viel zu weit weg von der Lebenswelt der Mädchen und Jungen.
Seit knapp vier Jahren bündeln wir die Unterrichtsmaterialien und Arbeitsaufträge in einem Lernmanagementsystem. Wir legen Mindeststandards fest und nutzen verschiedene Lehrwerke, die mindestens eine dreifache Differenzierung haben müssen. Aber wir entwickeln auch selbst Material, vereinfachen Aufgaben, geben zusätzliche Angebote und kennzeichnen den Schwierigkeitsgrad mit verschiedenen Symbolen – so können alle Schülerinnen und Schüler entsprechend ihrem Leistungsstand selbstständig passende Aufgaben auswählen. Wir Lehrkräfte versuchen, die anstehenden Aufgaben in den Jahrgangsteams möglichst gut untereinander aufzuteilen, und legen alle Materialien für die jeweiligen Fachschaften digital ab. Je länger wir das System auf diese Weise füttern, desto einfacher ist es und desto schneller lässt sich passendes Material erstellen. Anfangs war das sehr aufwendig, aber inzwischen lohnt es sich enorm.
Wir sehen, dass die Verlage sich bemühen, geeignetere Lehrwerke anzubieten. Aber es muss noch viel mehr passieren. Die Verlage könnten Themen für die neunten und zehnten Jahrgangsstufen etwa mit möglichen Berufen verknüpfen – so wären die Kontexte nicht völlig beliebig. Uns als Schule würde es auch helfen, wenn die Fachleitungen, die das Material sichten und differenzieren, um die fachlichen Anforderungen zu erreichen, Entlastungsstunden bekämen.“

Umfrage „Schule im Brennpunkt 2025“
Mit welchen Herausforderungen haben Schulen, die in sozialen Brennpunkten liegen, zu kämpfen, und was ist das Spezifische an ihnen? Antworten darauf liefert die Befragung „Schule im Brennpunkt 2025“, die das Ziel hat, die Situation an Schulen im Brennpunkt systematisch sowie länder- und schulstufenübergreifend zu erfassen. Die Ergebnisse basieren auf den Einschätzungen von insgesamt 226 Schulleitungen aus Grundschulen und weiterführenden Schulen in vier deutschen Bundesländern. Durchgeführt wurde die Befragung vom impaktlab, der wissenschaftlichen Einheit der Wübben Stiftung Bildung.
In der Serie „Schule im Brennpunkt 2025” geben fünf Schulleitungen ihre Einschätzungen zu den folgenden zentralen Bereichen der Umfrage: Lernvoraussetzungen, Arbeitsbelastung, Lehrpläne und Lehrwerke, Elternarbeit und Startchancen-Programm.
Zu den Beiträgen der Serie „Schule im Brennpunkt 2025“:
Umfrage
„Schule im Brennpunkt 2025“: Wo die Herausforderungen am größten sind
Serie „Schule im Brennpunkt 2025“
„Wir brauchen eine Reform des Unterrichts“
Serie „Schule im Brennpunkt 2025“
„Starke Beziehungsarbeit ist zentral für Lernerfolge“
Serie „Schule im Brennpunkt 2025“
„Viel zu weit weg von der Lebenswelt der Mädchen und Jungen“
Serie „Schule im Brennpunkt 2025“
„Auch Klassenleitungen an Grundschulen brauchen Entlastungsstunden“
Serie „Schule im Brennpunkt 2025“