„Viele unserer Kinder kommen bildungsarm und perspektivlos zu uns. Ihre Eltern möchten trotzdem, dass sie Abitur machen, wissen oft aber gar nicht, welche hohen Anforderungen diese Schulform an die Schülerinnen und Schüler stellt. Das Gymnasium wurde einst für höhere soziale Schichten konzipiert und folgt einem starren Leistungsprinzip. Man geht davon aus, dass die Kinder gewisse Voraussetzungen mitbringen: Leistungsstärke, Resilienz, ein hohes Maß an Selbstorganisation. Bei unseren Kindern sind Vorwissen und Stärken aber ganz anders gelagert. Und genau hier stoßen wir oft an unsere Grenzen. Ich fühle mich mit unserer Schule, die den Sozialindex 8 hat, weder der Gruppe der Gymnasien zugehörig noch der Gruppe der Gesamtschulen.
95 Prozent unserer Schülerinnen und Schüler haben einen Förderbedarf. Ein Drittel von ihnen wechselt nach der sechsten Klasse die Schulform. Dabei tun wir viel, um das zu verhindern: Wir haben in den Klassenstufen 5 und 6 zusätzliche Deutsch- und Mathestunden eingeführt. Die Zeit haben wir dem Ganztag abgeknapst. Auch in den höheren Klassen arbeiten wir mit Extrastunden darauf hin, unsere Schülerinnen und Schüler mit der Bildungssprache vertraut zu machen. Außerdem haben wir unsere Bibliothek umgebaut und das traditionelle Modell der Stillarbeitsplätze um eine Study-Hall erweitert. Hier können die Mädchen und Jungen nun in Gruppen zusammenarbeiten und lernen.
Wir wollen, dass die Kinder trotz der herausfordernden Umstände an unserem Gymnasium bleiben und nicht auf eine andere Schule wechseln. Dafür müssen sich Gymnasien aber endlich aus ihrem engen Korsett befreien und sich den Herausforderungen der Wirklichkeit stellen.“