Serie „Schule im Brennpunkt 2025“

„Auch Klassenleitungen an Grundschulen brauchen Entlastungsstunden“

Die James-Krüss-Grundschule in Köln meistert Herausforderungen der Elternarbeit. Dennoch gebe es dringenden Handlungsbedarf, sagt Schulleiterin Christiane Hartmann.

„Über 90 Prozent der Kinder an unserer Schule haben einen Migrations­hintergrund, mehr als 80 Prozent der Familien leben von staatlichen Transferleistungen. Aufgrund von Sprachbarrieren, Vorbehalten und Überforderung aufseiten der Eltern ist die Zu­sammen­­arbeit mit ihnen auf verschiedenen Ebenen heraus­fordernd. Doch wir meistern das bestmöglich: So ist es uns beispiels­weise gelungen, dass über 90 Pro­zent der Eltern die KIKS-App installiert haben. Dank ihr können wir in verschiedenen Sprachen mit den Eltern kommunizieren. Außerdem sind wir seit viereinhalb Jahren ein Familiengrundschulzentrum. Mit dem Vor­teil, dass wir den Eltern und Familien verschiedene niedrig­schwellige Angebote machen können, wie etwa unser Frauen­frühstück. Anfang des Jahres hatten diese Frauen dann die Idee, die Mütter der ersten Klassen zu einem gemeinsamen Ausflug einzuladen. Die Reso­nanz war großartig! So ist eine gute Ver­trauensbasis entstanden.

Bei allen Erfolgen in der Elternarbeit müssen sich drei Dinge unbedingt noch ändern:

1. Anerkennung des Zeitaufwand:
Die Elternarbeit nimmt einen erheblichen Teil unserer Zeit in An­spruch. Wenn zum Beispiel bei Eltern­gesprächen Dolmetscherinnen und Dolmetscher dabei sind, ver­doppelt sich die Gesprächszeit. Auch die fundierte Beratung zu den vielfach notwendigen Unter­stützungs­­bedarfen oder zur Ent­wicklung toller Potenziale braucht enorm viel Zeit, vor allem, wenn die Eltern sich im Bildungs- und Hilfe­system nicht auskennen. Wie in der Sekundarstufe II brauchen deshalb auch Klassen­leitungen an Grund­schulen Entlastungsstunden. So hätten wir mehr Zeit für andere Dinge wie eine solide Elternarbeit. Alle Fäden zu jedem Kind laufen bei den Klassenleitungen zusammen. Sie managen neben dem Unterricht und der Klassenorga alle individuell verschie­denen ‚Fälle‘: eine Mammutaufgabe!

2. Gebundener Ganztag:
Eltern und Kindern würde es ent­gegenkommen, wenn unsere Schule einen gebundenen Ganztag hätte, alle Kinder also den Ganztag be­suchen würden. Dann hätten wir viel mehr Zeit, die Mädchen und Jungen professionell zu fördern und weitere Angebote für die Eltern zu machen.

3. Diagnostik und Therapie in die Schule holen:
Die Kinder werden mit unter­schiedlichen Förder­bedarfen und zum Teil mit traumatischen Er­fahrungen eingeschult. Die Eltern sind damit oft überfordert. Für Diagnostik und Therapieangebote gibt es aber lange Warte­zeiten, teilweise über ein Jahr. Oder die Warte­listen sind voll oder die Wege sehr weit. Hier würden wir uns wünschen, mehr solcher Angebote unkompli­ziert vor Ort in der Schule anbieten zu können.“

Porträt Christiane Hartmann
Foto: © Wübben Stiftung Bildung/Mika Volkmann

Christiane Hart­mann leitet seit 20 Jahren die James-Krüss-Grundschule in Köln.

Umfrage „Schule im Brennpunkt 2025“

Mit welchen Herausforder­ungen haben Schulen, die in sozialen Brenn­punkten liegen, zu kämpfen, und was ist das Spezifische an ihnen? Antworten darauf liefert die Befragung „Schule im Brenn­punkt 2025“, die das Ziel hat, die Situation an Schulen im Brennpunkt sys­tematisch sowie länder- und schulstufe­nübergreifend zu erfassen. Die Ergebnisse basieren auf den Ein­schätzungen von insgesamt 226 Schulleitungen aus Grund­schulen und weiter­führenden Schulen in vier deutschen Bundesländern. Durchgeführt wurde die Befragung vom impaktlab, der wissen­schaft­lichen Einheit der Wübben Stiftung Bildung.

In der Serie „Schule im Brenn­punkt 2025” geben fünf Schulleitungen ihre Ein­schätzungen zu den folgenden zentralen Bereichen der Umfrage: Lernvoraus­setzungen, Arbeitsbelastung, Lehrpläne und LehrwerkeEltern­arbeit und Startchancen-Programm.

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