Der Magen knurrt, vor Hunger ist Konzentration kaum möglich. Jede und jeder hat schon mal erlebt, wie es sich anfühlt, ohne Frühstück in den Tag starten zu müssen. Für viele Kinder ist ein leerer Magen morgens in der Schule aber die Regel. Zu wenig Zeit, zu wenig Geld, um satt in die Schule zu kommen. Dagegen engagiert sich der Verein brotZeit (siehe Infokasten): Der Verein wirkt mittlerweile an Schulen im ganzen Land und versorgt Schulkinder mit einem kostenlosen Frühstücksangebot.
„Das Frühstück als gemeinsamer Start in den Tag ist für uns ein ganz wichtiger Bestandteil des Schulalltags geworden – ein positiver Lebensraum sozusagen“, sagt Christiane Hartmann, Leiterin der James-Krüss-Grundschule in Köln. Als Schule im Brennpunkt war der Bedarf an Essensangeboten für Schülerinnen und Schüler groß – da kam die Einladung zur Teilnahme in einer Rundmail von brotZeit wie gerufen. Seit Sommer 2024 bekommt die James-Krüss-Schule Unterstützung von insgesamt sechs eigens dafür geschulten Ehrenamtlichen des Vereins. Jeden Morgen bereiten sie in Zweierteams ein kleines, aber reichhaltiges Buffet vor, das allen Kindern zur Verfügung steht – und das gerne aufgesucht wird.
Monika (69) und Andreas (62) sind zwei dieser Frühstückshelferinnen und -helfer. Was gibt ihnen das Ehrenamt bei brotZeit? Und was bekommen sie zurück? Die Pensionärin und der Pensionär geben Einblicke in eine Arbeit, die ihnen am Herzen liegt.
„Ein Ehrenamt ist ein Geschenk – an die Kinder und an mich selbst“
Ich habe 45 Jahre lang im öffentlichen Dienst gearbeitet, eine Tätigkeit voller Zahlen und Bürokratie. Mit meinem Beruf war ich glücklich, aber als ich in den Ruhestand ging, wusste ich: Ich brauche eine neue Aufgabe. Etwas, das mir das Gefühl gibt, gebraucht zu werden.
Als ich von brotZeit das erste Mal aus der Presse erfuhr, habe ich mich direkt auf der Internetseite informiert, wie ich mich engagieren kann. Da stand unter anderem, dass Frühaufsteherinnen und Frühaufsteher gesucht werden. Das bin ich zum Glück. Heute stehe ich morgens um sechs auf, mache mich fertig und verlasse das Haus, während die meisten in der Nachbarschaft noch schlafen. Um sieben Uhr bereite ich mit anderen Ehrenamtlichen in der James-Krüss-Schule das Frühstück für die Kinder vor. Es soll ein schöner Start in den Tag sein – für Kinder, die diesen zu Hause oft so nicht haben.
„Wenn die Kleinen herein-schneien, bin ich jedes Mal gerührt“
Wenn die Kleinen hereinschneien, bin ich jedes Mal gerührt. Manche stürmen hungrig auf das Buffet zu, andere setzen sich still an ihren Platz und genießen einfach die Ruhe. Ich sehe Kinder, die das Essen in sich hineinschlingen. Und ich sehe Kinder, die zaghaft nach einer zweiten Scheibe Brot fragen, weil sie es nicht gewohnt sind, dass es genug gibt.
Ein Mädchen kommt meist schon vor allen anderen. Die Kleine hilft uns beim Tischdecken, stellt Gläser auf, fragt, ob sie Äpfel verteilen darf. Ich spüre, dass es ihr guttut, Verantwortung zu übernehmen und gebraucht zu werden. Ein anderer Junge fiel mir häufiger auf, da er sein Brot kaum anrührte. Eines Tages vertraute er mir leise an, dass es ihm hier oft zu laut ist. Als ich alle anderen um etwas mehr Ruhe gebeten habe, konnte auch er – sichtbar entspannter – sein Frühstück genießen. Das Frühstück ist mehr als eine Mahlzeit – es ist ein sicherer Ort für alle.
In meiner Schulzeit war für mich das Frühstück zu Hause mit der Familie selbstverständlich. Heute erlebe ich Kinder, die morgens ohne Frühstück in die Schule kommen, müde, hungrig. Manchen steht der Stress ins Gesicht geschrieben. Aber anstatt nur darüber zu reden, stehe ich hier und helfe. Ein Ehrenamt ist ein Geschenk – an die Kinder und an mich selbst. Ich gebe den Kindern meine Zeit und ein offenes Ohr. Und bekomme dafür ein gutes Gefühl, wenn sich die Kinder freuen, sich für das Frühstück bedanken oder fragen, ob ich nächste Woche auch wieder da bin.

„Reden allein verändert nichts, man muss etwas tun!“

Andreas, 62, aus Köln hat sich neben seiner beruflichen Karriere immer schon ehrenamtlich engagiert. Mit der Tätigkeit bei brotZeit will er auch im Ruhestand etwas Sinnstiftendes tun – und ist überzeugt, dass ein kostenloses Frühstück für Schulkinder das Richtige ist.
Es war eine kleine Anzeige im Wochenblatt, die mich auf die Arbeit von brotZeit aufmerksam gemacht hat: Ehrenamtliche wurden gesucht, um Kinder, die ohne Essen in die Schule kommen, mit einem Frühstück zu versorgen. Ich gebe zu, ich stehe eigentlich ungern so früh auf – gerade jetzt im Ruhestand. Aber ich wollte unbedingt dabei sein.
Nun klingelt der Wecker zweimal die Woche um kurz nach sechs, ich schlüpfe in meine Jacke und laufe die paar Minuten zur Schule. Dort treffe ich mein Team, wir bereiten immer zu zweit das Frühstück vor: Brot, Käse, Obst, Kakao, Müsli. Kein Luxus, aber eine leckere Mahlzeit, die satt macht.
„Mir war es schon immer wichtig, mitzugestalten, aktiv zu sein und zu handeln“
Ich bin eigentlich Jurist, war aber 16 Jahre lang als hauptamtlicher Bürgermeister verantwortlich für eine Stadt, habe Entscheidungen getroffen, Politik gemacht, das große Ganze im Blick behalten. Mir war es schon immer wichtig, mitzugestalten, aktiv zu sein und zu handeln. Bereits als Student habe ich mich vielseitig engagiert und bin seit Langem beim DRK ehrenamtlich tätig.
Aus meiner Zeit als Bürgermeister kannte ich das Problem: Wenn zu Hause kein Geld da ist, leiden natürlich auch die Kinder darunter. Das ist an Schulen im Brennpunkt selbstredend häufiger der Fall. Und die Schulen können solche Probleme nicht komplett auffangen. Ich habe oft diskutiert, wie man das ändern kann. Doch Reden allein verändert nichts, man muss etwas tun!
„Ehrenamt heißt für mich, nicht nur zu helfen, sondern auch da zu sein“
Ich habe anfangs gedacht, dass es im Umgang mit den Kindern Schwierigkeiten geben könnte. Aber alle Kinder, die hier morgens herkommen, wissen das Angebot zu schätzen und benehmen sich – abgesehen von Kleinigkeiten natürlich – sehr vernünftig. Und wenn es mal lauter wird oder vielleicht mal eine Scheibe Wurst irgendwo landet, wo sie nicht hingehört, dann sind wir zur Stelle und sprechen mit den Kindern. Wir sind kein Hotelservice, sondern freiwillig hier. Der gegenseitige Respekt ist da ganz wichtig!
Ehrenamt heißt für mich, nicht nur zu helfen, sondern auch da zu sein. Nicht über Probleme zu schimpfen, sondern anzupacken. Und wenn es nur bedeutet, morgens früh aufzustehen und Brote zu schmieren. Denn manchmal reicht ein Frühstück, um den Tag eines Kindes besser zu machen.
Über brotZeit e. V.
Der gemeinnützige Verein brotZeit e. V. ermöglicht Grundschulen mit besonderem Unterstützungsbedarf einen Frühstücksservice, den engagierte Seniorinnen und Senioren ehrenamtlich zubereiten. Gegründet von der Schauspielerin Uschi Glas in Bayern, ist der Verein heute in 21 Förderregionen an 400 Schulen aktiv. Sein Ziel ist es, bedürftige Kinder und Jugendliche durch eine ausgewogene Mahlzeit und verlässliche Betreuung in ihrer schulischen Entwicklung zu stärken.
Zeichnungen von Kindern der Giraffen-Klasse







